Eine bessere Fähigkeit zur Selbstregulation macht vieles im Leben einfacher. Wenn du wissen willst, was dahinter steckt, ist dieser Artikel für dich.
Neulich las ich irgendwo in etwa die folgende Definition: “Selbstregulation bedeutet - nicht dauernd Dinge zu tun, die man später bereut.” Auch wenn diese Beschreibung von Selbstregulation etwas flapsig daher kommt, trifft sie im Kern doch ganz gut zu. Je schwächer unsere Fähigkeit zur Selbstregulation ist, desto mehr verlieren wir z.B. in Konflikten die Kontrolle über unser Verhalten.
Wie sieht bessere Selbstregulation aus?
Neben dem Vermeiden von Reue gibt es noch andere Anzeichen dafür, dass deine Selbstregulations-Fähigkeit zunimmt.
Einige davon sind:
Du erlebst dich mehr als KapitänIn deines Schiffes.
Du fühlst dich weniger oft überwältigt von den Anforderungen deines alltäglichen Lebens.
Wenn etwas “Großes” passiert, das herausfordernd ist, dann fühlst du deine Gefühle (egal ob das Trauer, Wut, oder etwas anderes ist), aber sie überschwemmen dich nicht, reissen dich nicht von den Füßen.
Du fühlst dich dem gewachsen, was vor dir liegt.
Wenn dich etwas “triggers” (also aus der Balance bringt, ärgert, verunsichert) hast du mehr Spielraum um zu entscheiden: wie will ich reagieren? Will ich überhaupt reagieren?
Es ist für dich in Ordnung traurig oder wütend oder ängstlich zu sein. Du kannst dir erlauben (in den passenden Situationen) diese verschiedenen Gefühle zu erleben und diese “halten” und musst sie nicht unterdrücken, zur Seite schieben oder überspielen.
Du erlebst mehr oder öfter: Freude, Neugier, innere Ruhe, Ausgeglichenheit, ein Gefühl der Verbundenheit mit anderen Menschen oder der Schöpfung.
Du findest Möglichkeiten*, dich zu entspannen und “runter zu kommen”. (*Möglichkeiten, die nicht auch schädlich sind; also kein Alkohol, keine Zigaretten o.Ä.)
"Ein mehr an Selbstregulation macht dein Leben besser. Punkt."
Hört sich toll an? Ist es auch! Nicht umsonst bezeichnet Dami Charf, eine der ExpertInnen für Traumaheilung im deutschsprachigen Raum, Selbstregulation als die entscheidende Grundlage für ein gutes, zufriedenes, und erfülltes Leben. Ein mehr an Selbstregulation macht dein Leben besser. Punkt.
Wie sieht es umgekehrt aus, wenn man wenig Selbstregulationsfähigkeit hat? Ein paar Beispiele sind:
Das Leben scheint ein einziges Drama.
Deine Gefühle fahren mit dir Achterbahn.
Alles ist anstrengend.
Du gehts schneller an die Decke als du willst.
Deine Beziehungen sind kompliziert, scheitern oft (fast) und leiden unter euren wiederholten emotionalen “Explosionen” oder “Zusammenbrüchen”.
Du fühlst dich oft hilflos, machtlos, überfordert oder permanent gestresst, am Anschlag, wie getrieben.
Du findest nicht die Kraft oder Motivation, die Dinge zu tun, die du tun willst.
Es fällt dir schwer, runter zu kommen und zu entspannen, du musst dauernd in Action sein.
Das Gegenteil von Selbstregulation: Drama, Kontrollverlust, Stress
Wie du siehst: mangelnde Selbstregulations-Fähigkeit kann zu einem bunten Strauß an Symptomen führen, die alle unser Leben beschwerlicher und weniger vergnüglich machen als es sein könnte. Die Symptome können dabei schwerwiegender oder subtiler sein. Gerade Erschöpfung ist eines der subtilen Symptome, das oft nicht sofort mit dem Nervensystem und der Selbstregulation in Verbindung gebracht wird. Ein anderes Beispiel ist, sich immer mal wieder von scheinbaren Kleinigkeiten überwältigt fühlen, oder sich oft latent gereizt fühlen (ungeduldig, auf Angriff gebürstet).
Dabei ist es wichtig, festzustellen: Selbstregulations-Fähigkeit ist genau betrachtet nichts, was man “hat” oder “nicht hat”. Stattdessen ist die Fähigkeit sich selbst zu regulieren bei verschiedenen Menschen unterschiedlich gut ausgebildet. D.h. man hat gegenwärtig eine bessere oder schlechtere, stärkere oder schwächere Fähigkeit zur Selbstregulation.
Wie gut wir uns regulieren können hängt von unserer Biographie ab - v.A. davon, was wir in den ersten drei Jahren unseres Lebens erlebt haben, wie die Bindung zu unseren Eltern war, und wie gut oder schlecht deren Nervensysteme reguliert waren - , von unseren Gewohnheiten und von situativen, kurzfristigen Faktoren. Ein Beispiel für letzteres: wann immer ich hungrig bin oder eine Erkältung im Anflug ist, nimmt meine Regulationsfähigkeit drastisch ab und ich gehe leichter an die Decke. Schlafmangel ist ein anderes typisches Beispiel für einen situativen Faktor, der Regulation schwieriger macht. (Die Eltern junger Kinder sowie Menschen, die chronische Schlafprobleme haben, oder im Schichtdienst arbeiten, wissen vermutlich, wovon ich spreche…)
Situative Faktoren können angepasst, Gewohnheiten verändert werden. Und auch die in unserer Biographie angelegten Muster lassen sich - langsam aber stetig - verändern. Selbstregulation kann man lernen. Genauso wie du deine Fähigkeiten als Gitarristin oder Koch verbessern kannst, genauso wie du deine Spanischkenntnisse ausbauen oder eine neue Sportart lernen kannst, kannst du Selbstregulation erlernen bzw. verbessern.
Meinem Verständnis nach braucht es für diese Veränderung, für dieses Lernen, dass wir verschiedene Dimensionen unseres Selbst bzw. unseres Systems einbeziehen. Es reicht nicht, sich Dinge von der Seele zu reden oder zu verstehen. Stattdessen braucht es einen Ansatz, der den Kopf genauso einbezieht wie den Körper. Selbstregulation lernen wir am besten, wenn wir uns unseren Emotionen genauso zuwenden, wie unseren Verhaltensweisen. Wenn wir verstehen, warum wir geworden sind, wie wir sind, und zugleich neue Arten des im-Körper-Seins einüben, dann befinden wir uns bereits auf dem Pfad zu besserer Selbstregulation.
Wenn dich all dies interessiert, und du Lust hast, die Vorteile von mehr Selbstregulation konkret zu erfahren, dann kann ich dir wärmstens meinen Kurs "Das autonome Nervensystem erleben: Ein Praxislabor" ans Herz legen.
Das Nervensystem-Labor findet 2 Mal jährlich online statt, einmal im Herbst, einmal im Frühjahr. Es gibt jeweils eine englische und deutsche Gruppe.
Der Kurs diesen Herbst beginnt in der ersten Septemberwoche. Du findest alle Termine und Infos zur Anmeldung auf der Website.
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